Sexuelle Inkompatibilität? 15 Experten wissen Rat!

Sexuelle Inkompatibilität ist ein Phänomen, von dem viele Paare betroffen sind – bewusst oder unbewusst. Was kann man tun, wenn man sich liebt, man von einer gemeinsamen Zukunft träumt, einfach alles zu passen scheint, doch im Bezug auf Sex mangelt es an Vollkommenheit?

“Sex ist nicht Alles, aber ohne Sex ist alles Nichts!” Ist da etwas dran?
Das Problem sexueller Inkompatibilität ist meist nicht allein zu lösen. In einer Partnerschaft sind immer mindestens zwei Parteien involviert und konfrontiert. Niemals wirst ausschließlich Du oder Dein Partner allein eine Lösung herbeiführen.
Am Besten lässt sich gemeinsam daran arbeiten, denn sonst kommt es auf Kurz oder Lang zu einer von Frustration geprägten Beziehung, die im schlimmsten Falle zur Trennung führt.

Ein Teil des Problems, oder zumindest einer der ersten Indikatoren, kann bereits die Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs sein. Vielleicht willst Du jeden Tag mindestens einmal Sex, während Dein Partner sich mit ein- bis zweimal pro Woche zufrieden gibt?
Möglicherweise würdest Du gerne mit neuen Kicks oder Fetischen experimentieren, aber Dein Partner wehrt diese Wünsche ab?

Das sind sicher nicht die überraschendesten Beispiele, aber sicher die mit dem höchsten Wiedererkennungswert. Leider gibt es unzählige Situationen, alle Variationen und unendlichen Möglichkeiten die Deine Partnerschaft aufgrund sexueller Bedürfnisse oder Wünsche gefährden können.
Sexuelle Inkompatibilität ist häufiger verbreitet, als Du vielleicht denkst – und es ist schon lange kein Tabu-Thema mehr.

In einem Punkt sind unsere Experten sich alle einig: Es bringt nichts, einfach zu warten, dass das Problem verschwindet, oder sich selbst reguliert. Das wird in der Regel nicht passieren!

Das Beste, das Du tun kannst? Hol Dir professionelle Hilfe!
Lovefreund.de hat sich für Dich an Sexualtherapeuten, Paar-Coaches und Sexualexperten gewandt und sie gebeten, uns die folgende Frage zu beantworten:

Wie können Paare ihre Beziehung verbessern, wenn die sexuellen Vorlieben nicht übereinstimmen?

Unsere Experten haben uns, mit großartigen und hilfreichen Antworten, gute erste Einblicke in die Thematik geliefert:

Olga Hildebrandt

Sexual-Paartherapie-Stuttgart
www.sexual-paartherapie-stuttgart.de

Was versteht man unter Kompatibilität?

Im Allgemeinen versteh man unter “Kompatibilität” die Verträglichkeit verschiedener Objekte oder Sachverhalte.
Aus meiner Praxis-Erfahrung ist sexuelle Kompatibilität auf lange Sicht eher selten und sehr viele Paare haben damit ein Thema.

Ich möchte über die Geschlechtsorgane und ihre Kompatibilität innerhalb einer Partnerschaft sprechen, da ich finde, dass dies auch ein sehr wichtiger Aspekt ist.
Immer wieder kommt es vor, dass auch die Geschlechtsorgane von Mann und Frau nicht kompatibel sind. Jede Vagina und jeder Penis sind unterschiedlich gebaut. Die Größe, die Krümmung sind anders. Eine Frau kann mit einem Penis, der anders gekrümmt ist und eine passendere für sie Größe hat, ohne Probleme und einfacher zum Orgasmus kommen, als mit einem anderen Partner, zum Beispiel. Wenn wir einen Orgasmus durch den G-Punkt der Frau anschauen, braucht es für einen Orgasmus mehr Druck als Reibung oder Bewegung. Und hier wird es deutlich, dass nicht jeder Penis in jeder Vagina das erreichen kann, allein aufgrund von seinem Bau. Solche Dinge zu wissen, finde ich, bringt oft Verständnis für sich selbst, den eigenen Körper und den Partner. Und wenn einmal das Verständnis da ist, dann kann die Entspannung stattfinden und dann gelingt es beiden einfach Freude an der intimen Begegnung zu haben. Ohne Druck und Stress, dass etwas bestimmtes passieren muss. Menschen bleiben nicht aufgrund des Aufbaus oder der Form ihrer Geschlechtsorgane zusammen, was auch gut ist.

Selbstverständlich ist eine Kommunikation über sexuelle Fantasien, Wünsche und Bedürfnisse in einer intimen Beziehung sehr wichtig, da sie helfen kann einiges zu klären, wenn das möglich ist. Aber auch hier gilt, egal wie oft wir über diese Dinge sprechen, es kann immer sein, dass die Wünsche sehr
unterschiedlich sind. Es ist kein Geheimnis, dass solche Gespräche oft Jahre dauern können und sehr viel Kraft kosten.
Oft „scherze“ ich darüber, dass dies bereits auch schon eine Art Sex ist. Es werden schließlich Gefühle ausgetauscht, wie es auch im Bett passiert. In meiner Praxis habe ich logischerweise nur Menschen und Paare, die in diesem Bereich mutiger sind und bereit sind Hilfe in Anspruch zu nehmen. Oft helfen hier ein paar Gespräche, in denen ich den Klienten klar machen kann, dass sexuelle Lust und Wünsche nicht immer kompatibel sind, und wir und mehr oder weniger so geschaffen sind, wie wir geschaffen sind.
Jeder hat bestimmte Eigenschaften, die ihm von Natur aus gegeben worden sind. Lust und sexuelle Flexibilität gehören auch dazu. Manchen wurde es in die Wiege gelegt, anderen weniger. Selbstverständlich gibt es auch hier Wege damit besser und etwas entspannter umzugehen. Oft gelingt es in der Therapie Fortschritte zu machen, manchmal auch nicht.

Übrigens: Auch Sexualtherapeut und Klient müssen kompatibel sein.

Aino Simon

Gestalttherapeutin, Beziehungscoach und Autorin.
Erfinderin der Couple Care-Methode und Gründerin des Couple Care-Praxisprogramms
www.couplecare.de

Sexuellen Vorlieben sind nicht in Stein gemeißelt.

Die meisten sexuellen Präferenzen (nicht zu verwechseln mit sexueller Orientierung!) werden durch Erfahrungen erlernt.
Das sind gute Neuigkeiten, denn das bedeutet: Veränderung ist möglich!
Jede Person besitzt bereits sexuelle Fähigkeiten und Stärken. Diese können ausgebaut und erweitert werden. Wir können lernen, neue Dinge erregend zu finden.

Beim Thema „Lust“ fragen wir zu selten: Wann und worauf genau hast du keine Lust? Und, noch wichtiger, wann und worauf hast du Lust? Wer diese Fragen nicht beantworten kann, sieht, dass hier noch unerforschtes Terrain liegt.

Lernt voneinander und entdeckt Neues miteinander!
Sexuelles Lernen funktioniert über Übung und Wiederholung. Offenheit, Neugier und Geduld sind essentielle Zutaten, damit dieser Prozess gelingt.
Natürlich bleiben wir alle einzigartig und unsere Sexualität ebenfalls. Eine völlige Deckungsgleichheit der sexuellen Vorlieben ist daher unrealistisch und wäre ohnehin langweilig. Ein gewisses Maß an „Anderssein“ ist aufregend.
Zusätzlich besteht die Möglichkeit, die Beziehung zu öffnen. Dies sollte allerdings als Bereicherung verstanden werden, nicht als Defizitausgleich.

Die Beziehung muss ein tragendes Fundament haben, damit eine solche Öffnung funktionieren kann.

Marco Budweiser

Paartherapeut und Heilpraktiker für Psychotherapie
Praxis für Coaching und Psychotherapie in München-Freimann
Praxis für Coaching und Psychotherapie

Ich sehe den Begriff der sexuellen Inkompatibilität als Warnung für mangelnde Kommunikation in der Partnerschaft!

 Allein unterschiedliche Vorlieben sind noch kein Grund, sich voneinander zu distanzieren. Sie sind vielmehr verstecke Chancen, um das Erleben sexueller Lust für das Paar zu steigern.

Guter Sex macht Spaß und stärkt nachhaltig die Bindung des Paares. Grundvoraussetzung für ein abwechslungsreiches Sexualleben ist Vertrauen, Offenheit und das Ablegen schambesetzter Blockaden. Grenzen müssen respektiert werden, denn schließlich geht es darum, sich wohl zu fühlen.

Als besonders intensiv und befriedigend wird der Akt empfunden, wenn Paare in der Lage sind, sich ihre Bedürfnisse, Wünsche und Fantasien offen mitzuteilen. Hierbei ist zu beachten, dass Menschen sehr unterschiedlich sind. Deckungsleiche Übereinstimmung wird es, wie bei vielen partnerschaftlichen Themen, auch beim Sex nicht geben.
Sind die Diskrepanzen stark ausgeprägt und spricht das Paar bereits von sexueller Inkompatibilität, dann wurden meist über einen längeren Zeitraum hinweg Bedürfnisse und Wünsche vernachlässigt. Mangelnde Kommunikation und widerspruchsfreies Akzeptieren ist ein häufiger Grund für sexuelle Frustration, die sich schnell auf die ganze Beziehung ausbreiten kann. Gefühle wie Schuld und Scham internalisieren das Problem und behindern lösende Gespräche – ein Teufelskreis beginnt und beide Partner sind in ihrem sexuellen Erleben beeinträchtigt.
In solchen Paarbeziehungen wird Sex oft rein funktional und oberflächlich erlebt – Höhepunkte können komplett ausbleiben, Ersatzbefriedigung und Untreue sind nicht weit.

Das muss nicht sein! Heute weiß man, Menschen empfinden es als besonders motivierend, die ansteigende Erregung des Partners mitzuerleben, es geht eben nicht primär um die Befriedigung eigener Triebe!
Ziel ist vielmehr, sich gegenseitig in einen Zustand größtmöglicher Ekstase zu steigern, um den Erfolg des Sexualakts zu garantieren.
Damit dieser Prozess gelingen kann, ist es also unbedingt notwendig, Vorlieben des Partners zu kennen, eigene Vorlieben mitzuteilen und aktiv das Gespräch zu suchen.

Das Spektrum sexueller Vorlieben, Fantasien und Wünschen ist unglaublich facettenreich. Ohne Kommunikation müssen wir uns darüber bewusst sein, nur eine vage und häufig selbstgeprägte Vorstellung von den tatsächlichen Wünschen und Bedürfnissen unseres Partners zu haben. So setzen wir unser eigenes sexuelles Erleben auf Sparflamme und berauben unsere Partnerschaft um die Möglichkeit gemeinsames Glück zu pflegen.

Anja Franz

Paar-und Sexualtherapeutin mit den Schwerpunkten:
Umgang mit Affären, Sexuelle Funktionsstörungen sowie Sexualität in der Elternschaft
Praxis in Pulheim bei Köln sowie über Videocall deutschlandweit.
www.anjafranz.com

Ich stelle zunächst eine Gegenfrage:

Muss eine Beziehung verbessert werden weil die sexuellen Vorlieben auseinander gehen?

Unterschiedliche Vorlieben sind nicht zwingend ein Garant dafür, dass die Beziehung verbesserungswürdig ist. Erst wenn einer der Partner oder beide einen Leidensdruck diesbezüglich verspüren, wäre dies ein Anhaltspunkt dafür, darüber zu sprechen und etwas zu verändern.
Besteht beidseitig der Wunsch nach einer positiven Veränderung, so kann zb. ein gemeinsames Ziel festgelegt werden. In der Therapie schaffe ich zunächst ein Bewusstsein über die eigenen Bedürfnisse. Diese liegen nicht unbedingt primär in den sexuellen Neigungen, sondern häufig geht es um Geborgenheit, Sicherheit oder Wärme. Wo in der Beziehung können diese Bedürfnisse gestillt werden? Welche Bedürfnisse stimmen überein?

In zweiter Instanz können in der Sexualität Verabredungen getroffen werden. Wo findet das Paar seine Mitte, wo liegen die Grenzen aber auch Gemeinsamkeiten in der Vorliebe des Anderen. Kann das Paar abwechselnd auf die Vorlieben eingehen?
Für manche Paare ist es, nach vorheriger Absprache, eine Option ihre Vorlieben bei einem Aussenkontakt (3. Person) auszuleben. Das bedeutet nicht, dass die Grundbedürfnisse zu Hause nicht weiterhin gestillt werden können. Das sollte selbstverständlich von beiden Beteiligten ganz klar gewollt werden und keine Kompromisslösung darstellen.

Für mich ist es vor allem wichtig: seid ehrlich miteinander, versucht eure Vorlieben beidseitig in eure Sexualität mit einzubinden, probiert etwas ganz Neues aus aber macht dabei auch eure Grenzen deutlich. Ein respektvoller Umgang und ein Blick auf eure gemeinsamen Ziele und Bedürfnisse hilft euch ganz bestimmt dabei weiter.

Und wenn nicht, scheut euch nicht davor eine Paar-und Sexualtherapie aufzusuchen 🙂

Claudia Kader-Tjijenda

Diplom Psychologin
Praxen in Essen & Düsseldorf
Psychologische Praxis für Paartherapie & Sexualberatung

Gibt es sexuelle Imkompabilität tatsächlich?

Die meisten denken hierbei bestimmt an den Gegensatz Vanilla Sex – BDSM. In meiner Praxis ist das in all den Jahren erst 1x vorgekommen. Der größte Unterschied bei Paaren besteht in dem Verlangen. Eine*r will öfter, eine*r will seltener. Über eine längere Zeit bringt das die Paare in eine schwierige Situation. Eine*r fühlt sich unter Druck gesetzt, eine*r nicht begehrt und abgewiesen. Wie kann man diese Differenz lösen?
Dazu muss man wissen, wir werden NICHT mit einem bestimmten Lustpotential geboren und es ist auch nicht genetisch unveränderlich. Sexualität ist gelernt! Das Wunderbare an diesem Konzept des Sexocorporel (nach dem ich arbeite) ist, dass wir lebenslang dazu lernen können – also auch lustvoller zu werden!
Warum hat also eine*r weniger Lust, der andere mehr?
Dafür kann es viele Gründe geben. Häufige sind: man hat gelernt, Sex ist ein Tabu, schmutzig. Als Frau darf man keine Lust haben. Als Mann muss man immer Lust haben. Ich mag meinen eigenen Körper nicht und schäme mich, ihn zu zeigen. Sex macht man nur, wenn man Kinder will… Oder ich habe nicht den Sex, der sich lohnt, ihn öfter zu haben

Der Schlüssel liegt darin seine ganz persönlichen Bremsen zu identifizieren und diese dann nach und nach zu lösen. Oft überfordert die Lösung das Paar. An der Stelle macht es wirklich Sinn, sich Unterstützung bei eine*r Sexualtherapeut*in zu holen – allein oder zu zweit!

Julia Bernarding

Gestalt- und Sexualtherapeutin
Praxis für sexuelle Bildung und Beratung in Elm (Saarland)
www.julia-bernarding.de

Meine Gedanken zur sexuellen Inkompatibilität?

Sexuelle Vorlieben werden vielleicht von manchen Paaren als eine unüberwindbare Hürde wahrgenommen. Dabei ist es sogar eher unwahrscheinlich, überhaupt jemanden zu treffen, mit dem man alles teilt. Auch bestimmte Vorlieben sind, wie vieles andere im Leben nicht “naturgegeben”, sondern im Laufe des Lebens erlernt und etwas, das sich durchaus auch mal ändern kann.

Mein Tipp für Paare ist, erst einmal zu akzeptieren, dass ein*e Partner*in nicht alle (sexuellen) Bedürfnisse erfüllen muss bzw. kann. Stattdessen könnten vermeintlich trennende Unterschiede und Bedürfnisse in einer wohlwollenden Atmosphäre mit Neugier und Interesse erkundet und sich darüber ausgetauscht werden, was an einer bestimmten Liebespraxis so reizvoll ist. Diese Paare könnten gemeinsam auf Entdeckungsreise gehen und dabei möglicherweise neue, gemeinsame Vorlieben finden.

Oder Partner*innen entscheiden sich, dem*der Andere*n zuliebe etwas Neues auszuprobieren, was außerhalb der eigenen Komfortzone liegt (ohne dabei die eigenen Grenzen allzu sehr zu strapazieren).

Eins gilt in jedem Fall: Reden hilft! Und wenn es allein nicht klappen will, spricht nichts dagegen, sich an eine*n Expert*in zu wenden. Und nun: viel Spaß beim Experimentieren!

Carmen Smith

Expertin für Partnercoaching
Praxen in München und Reichertsheim (nähe Wasserburg)
www.carmen-smith.de

Wir Alle lieben Berührungen!

Menschen kommunizieren über Berührungen! Der Körper besitzt ca. 7 Trillionen Nervenenden. Der Penis hat ca. 4000 Nervenenden. Die Klitoris hingegen hat sogar fast unglaubliche 8000, und dies nur im Bereich der Perle! Auch auf der Haut haben wir eine Vielzahl von empfindsamen, sensorischen Rezeptoren.

Jeder Einzelne reagiert auf Stimulation, sowohl auf äußerlich einwirkende (physische) als auch auf Innere (emotionale) “Berührungen”. Da gibt es jede Menge Möglichkeiten zum Experimentieren und sich genau da zu entdecken und zu erkunden, was die Erregung steigert.

Emotionen sind generell mit Erinnerungen verbunden, welche Neuroimpulse auslösen und so durch den Körper geschickt werden. Ein Partner kann etwas nicht machen wollen, weil es ihn oder sie an eine unschön erlebte Situation erinnert. Eine mögliche sexuelle Inkompatibilität muss also nicht zwingend mit der jetzigen Partnerschaft zu tun haben, umso wichtiger ist es darüber zu reden, damit Grenzen wahrgenommen und Kompromisse gefunden werden können.

Was kann verbessert werden? Fang damit an, die Leichtigkeit der äußeren und inneren Berührungen zu entdecken. Streicheln, massieren, küssen. Mach ein Spiel daraus. Erzähle deinem Partner, was du in dem Moment empfindest, und vor allem trau dich von deinen „Routinen“ wegzukommen.

Viel Freude!

Andrea Wegener

Systemische Beraterin, Schwerpunkt Paarberatung
Schwabach (bei Nürnberg)
www.diewegnerin.de

Wenn sexuelle Vorlieben nicht übereinstimmen, würde ich als erstes einmal schauen, wo es in der Beziehung nicht stimmt.

Meist ist die Differenz in der Sexualität eine Folge davon und eine tolle Chance, dadurch Verhaltensmustern auf die Schliche zu kommen, die auch im Alltag unglücklich machen. 

Ein Beispiel: wenn ich es immer allen recht machen will, dann übersehe ich dabei in der Regel, was mir selber gut tut. So verliere ich dann auch das Interesse am Sex und ziehe mich zurück oder versuche mit allen Mitteln, einen Kick zu finden, der mich anmacht.
Wenn ich aber spüre – und ausspreche – was mir gefällt und was nicht, dann kann die Sexualität reifen und wir können sehr innigen und erotischen Sex genießen.

Fragen Sie sich tagsüber immer wieder „Wie fühle ich mich gerade? Was würde ich jetzt gerne tun?“ Sagen Sie Ihrem Partner „Eigentlich würde ich jetzt gerne . . .“ und setzen es immer öfter auch in die Tat um. Dadurch werden im Gehirn neue Verbindungen geknüpft, sie spüren sich selbst besser und fühlen sich lebendiger. Mit der Zeit trauen Sie sich das dann auch im Bett.

Ich möchte Ihnen Mut machen: Unsere Sexualität wird im Alter immer besser, denn da gehören gemeinsames Wachstum und so etwas wie Weisheit dazu.

Bleiben Sie dran!

Stefanie Grohmann

Heilpraktikerin für Psychotherapie, systemische Paar- und Sexualtherapeutin, kinkaware,
praktiziert in Berlin und online
www.paarundsexualtherapie.de

Gerade bei Menschen, die Ihre Kinks leben, kann es in Beziehungen zu unterschiedlichen Bedürfnissen kommen.

Anfangs war alles aufregend, neu und im Laufe der Zeit stehen sich Wünsche plötzlich diametral gegenüber. Was nun?

Hinter der Angst sexuell nicht (mehr) zusammenzupassen, steht oft Verlustangst und die führt zum Rückzug, sowohl auf körperlicher als auch kommunikativer Ebene. Übersehen wird hier, was für eine großartige Bereicherung Unterschiede sind und so kann der auf Mangel gerichtete Fokus uns den Spaß verderben. Kompromisse werden häufig für die Lösung gehalten, führen nach meiner Erfahrung aber lediglich dazu, dass alle Parteien auf gewisse Weise unbefriedigt bleiben. Was gebraucht wird sind Neugier und Verhandlungsgeschick.

Wichtig ist eine offene zugewandte Kommunikation, d.h. die Wünsche des Gegenübers werden nicht abgewertet, sondern mit Neugier erfragt. Nehmen wir als Beispiel Pegging, was bedeutet jemanden mittels Umschnalldildo anal zu penetrieren. Wenn das ein Hard-Limit darstellt, also es weder aktiv noch passiv in Frage kommt, ist eine Annäherung mit Interesse am Gegenüber denkbar. Es könnte doch reizvoll sein, zu erfahren, warum der geliebte Mensch ein solches Erlebnis ersehnt, oder nicht?

Im Idealfall führt das zu tiefgehenden Gesprächen, die den fruchtbaren Boden bilden, aufgrund dessen die Beziehungsform unterschiedlichste Blüten hervorzubringen vermag. Das können beispielsweise eine Beziehungsöffnung, eine vereinbarte Häufigkeit mit anderen zu spielen oder speziell dafür ausgelegte Partybesuche sein.

Viel Freude beim Wachsen, Eure Stefanie.

Alexandra Hartmann

Psychologin (BSc, MA), Einzel- und Paarberatung in München
Paarberatung München

Wie kompatibel wir sexuell sind, ist aus meiner Sicht Verhandlungssache.


Als Paartherapeutin und Autorin des Buches „Meine Bedürfnisse, Deine Bedürfnisse“, steht die Kommunikation persönlicher Wünsche und Vorstellungen im Zentrum meiner Arbeit mit Paaren – auch im Bereich der Sexualität. Eigene sexuelle Vorlieben zu äußern, ist besonders schwer. Die meisten von uns können besser über andere sprechen als über sich selbst. Warum ist das so? Es geht um Scham und fehlendes Vertrauen. Tatsächlich hat das oft mit dem zutun, was wir schon als Kinder in unseren Familien gelernt habe und bis heute nicht verändert oder ableget haben, oft weil uns unsere inneren Blockaden gar nicht bewusst sind. Genau so wenig sind vielen von uns leider auch die eigenen Bedürfnisse klar. Was sollten wir unseren Partnern also sagen, selbst wenn wir uns trauen würden? Wir wissen es nicht gar nicht. Also machen wir das, was der oder die andere möchte. Das ist okay aber es bleibt oft ein Gefühl zurück, dass da was fehlt, dass da noch mehr seien könnte… In einer Affäre entdecken wir manchmal etwas, das gefehlt hat, ohne das es uns vorher bewusst war. Aus meiner Sicht sind es drei Schritte, die wir gehen müssen um unsere Bedürfnisse an den Mann oder an die Frau zu bringen:

Brigitte Pfrommer-Telge

Dipl. Sozialarbeiterin (FH), M.A. Sexualpädagogik/Familienplanung und klinische Sexologin
in Kressbronn am Bodensee
SexTheraPäd

Wenn die „schönste Sache der Welt” gestört ist…

… die Paarbeziehung jedoch noch als intakt, alltagstauglich und familienkompatibel gelebt und- erlebt wird: welche Hilfen und Lösungswege sind dann verfügbar?

Wir verändern uns alle im Laufe unseres Lebens aufgrund von Reife- und Alterungsprozessen. Jede Lebensphase birgt unterschiedliche Herausforderungen für die Paare. Von der verbindlichen ersten Paarwerdung mit Exklusivitätswünschen (gelebte Monogamie) bis hin zu Schwierigkeiten beim gemeinsamen Älterwerden und den damit verbundenen körperlichen Veränderungen und Einschränkungen. Alles ist im Werden und in der Veränderung – auch unsere sexuellen Präferenzen.

Die Beziehung von Paaren ist ein Zusammenspiel vieler verschiedener sich gegenseitig beeinflussender Aspekte. Dabei besteht eine starke Wechselwirkung zwischen dem subjektiven Erleben unserer Beziehungsqualität und unserer sexuellen Paarsexualität. Wer kennt das nicht – aus Ärger und Frust in der Beziehung wird die Paarsexualität erst mal auf Eis gelegt-mal als Strafe für den Partner, oder auch als Selbstschutz für die eigene verletzte Seele. Ebenso können sexuelle Disharmonien die Paarbeziehung stark belasten.- Sexuelle Aktivität wird oft verbunden mit der Vorstellung von sich öffnen, loslassen, mit Vertrauen und sich dem Partner hingeben. Gleichzeitig können Spannungen in der Beziehung auch sexuelle Erregung erzeugen und Konflikte werden über Versöhnungsex gelöst. Verbale Verletzungen hingegen, Abwertung und Schuldzuschreibungen ersticken meist jede Erotik und jedes sexuelle Begehren.

Was ist mit sexueller Inkompatibilität überhaupt gemeint? Praktiken aus der BDSM Szene vs Blümchensex? Heterosexualität vs. Homosexualität? Eine gewünschte offene oder eine geschlossene Beziehung?

  • Sexuelle Inkompatibilität in Paarbeziehungen sehe ich als klinische Sexologin und Sexualpädagogin immer als Folge eines prozesshaften und erlernten Geschehens an. Das Paar entwickelt gemeinsame und auch (parallel) individuelle sexuelle Vorlieben und dies geschieht nicht von heute auf morgen.

Viele Paare kommen mit dem Wunsch nach einer qualitativen Verbesserung ihrer Sexualität und einer Vertiefung der Liebesbeziehung in die Praxis. Wir beleuchten in Einzelsitzungen die sexuelle Lerngeschichte des Paares. Welche sexuellen Störungsbilder wie zum Beispiel Anorgasmie oder erektile Dysfunktion belasten die Paarsexualität? Sexualität wird von Kindheit an individuell erlernt und Störendes kann auch wieder verlernt werden. Neues wird erst in der Solosexualität eingeübt und kann dann in die Paarsexualität übertragen werden. Wir eruieren in der Beziehung auch die unterschiedlichen Pole von Autonomie- und Beziehungswünschen des Paares – aber auch wie das Paar die individuellen sexuellen Vorlieben kommuniziert. Dürfen diese Fantasien oder Wünsche dem Partner auch zugemutet werden? Gibt es eine Nähe und Distanzregulierung in der Beziehung? Zu viel Nähe erzeugt oft keine prickelnde Erotik mehr. Persönliche Grenzen und Grenzen in der Paarbeziehung werden beleuchtet, neu eingebrachte sexuelle Veränderungswünsche werden besprochen und ausgehandelt.

Dies kann einen spannenden Verlauf nehmen und nicht selten kann ich berichten, dass sich individuelle sexuelle Vorlieben im therapeutischen Prozess verändern können. Alles ist im Fluss und im Werden. Ich motiviere zum lustvollen experimentieren: neugierig zu sein mit dem Ziel, Ihre Erotik und Ihre Lust neu zu erforschen und zu erleben.

Brigitte Pfrommer-Telge, klinische Sexologin und Sexualpädagogin

 Silvia Stüber

Paar- und Sexualtherapeutin Dipl.-Psych.
aus Diedrichshagen bei Greifswald
Praxis Seelenlicht

Jedes Paar kommt früher oder später in seiner Beziehung an einen Punkt, an dem sich sexuelle Unterschiede zeigen!

Das ist ganz normal und kein Grund zur Beunruhigung, denn wir alle sind verschieden in unserem Wesen und unseren Bedürfnissen. Bestehen die sexuellen Unterschiede vor allem in der Häufigkeit, in der man sich im Liebesspiel zusammen findet, ist gute Kommunikation unabdingbar. Oft fühlt sich derjenige Part, der häufiger Sex möchte, zurückgewiesen und zweifelt manchmal sogar an seiner Attraktivität für den anderen. Der weniger Sexbedürftige Partner fühlt sich dagegen oft unter Druck gesetzt und zieht sich in der Folge immer weiter zurück. Ein negativer Kreislauf beginnt. 

Wichtig ist daher in einer solchen Situation, klar, offen und ehrlich miteinander zu sprechen, auch wenn manches schwer über die Lippen zu bringen ist. 

Wenn es möglich ist, dass

  1. beide Partner zu ihren sexuellen Bedürfnissen offen stehen und sie
  2. darüber ohne Vorwurf an den anderen reden können und 
  3. sie es nicht persönlich nehmen, dass es zwischen ihnen unterschiedliche Bedürfnisse gibt,

dann sind gute Voraussetzungen gegeben, miteinander das gemeinsame Liebesleben zu gestalten. So wie in anderen Beziehungsbereichen auch, kann in dieser Atmosphäre verhandelt werden, wie weit jeder auf den anderen zugehen kann, wie der eine den anderen vielleicht besser zum Sex einladen kann, welche neuen Dinge ausprobiert werden wollen, was Lust macht und was abtörnt etc. Werden solche Gespräche in einigem Abstand geführt, bleibt das Paar also aktiv dran, sein Liebesleben bewusst zu gestalten, dann verbessert sich die Qualität der gelebten Paarsexualität deutlich und kann Freude, Lust und Erfüllung bis ins hohe Alter bringen. 

Mariecris Siebers

Heilpraktikerin für Psychotherapie, Sexual- und Beziehungstherapie, Kunsttherapie (M.A.)
aus Berlin
mariecsiebers.com

Der kleinste gemeinsame Nenner hieße sein eigenes Potential nicht voll entfalten zu können.

Wie können Paare ihre Beziehung verbessern, wenn die sexuellen Vorlieben nicht übereinstimmen? – Diese Frage erreichte mich vor einiger Zeit.

Oberflächlich betrachtet kann die Versuchung bestehen, als Lösungsversuch den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden, es als gemeinsame Entdeckungsreise zu betrachten sich Schritt für Schritt auf die jeweilige Vorliebe einzulassen oder auch die Beziehung zu öffnen um es der*dem anderen zu ermöglichen die eigene Vorliebe auszuleben. Was rege ich da jedoch genau an?

Der kleinste gemeinsame Nenner hieße sein eigenes Potential nicht voll entfalten zu können. Die Entdeckungsreise könnte zu Grenzverletzungen führen, nur um der anderen Seite zu liebe etwas zu tun. Eine Öffnung der Beziehung „verbessert“ evtl. die Beziehung nicht, sondern verkompliziert sie, da hier noch mehr Kommunikation erforderlich ist. Für die Paare bei denen das einvernehmlich gut funktioniert sage ich nur: „Herzlichen Glückwunsch, ihr habt euren Weg gefunden.“

Für alle anderen gehe ich mal einen Schritt tiefer. Oft kommen Paare zu mir deren Herausforderung es ist, dass jemand zu viel/wenig Sex haben möchte. Was bedeutet zu viel oder zu wenig Sex? Und so möchte ich auch die Eingangsfrage angehen… was verbessert oder verschlechtert (k)eine übereinstimmende sexuelle Vorliebe? Braucht es eine übereinstimmende Sexualität um eine Beziehung zu „verbessern“? Als beziehungsdynamische Sexual- und Beziehungstherapeutin steht mein Fokus in der Beziehungsdynamik zwischen den Menschen. Ich verstehe ich Sex als Ausdruck von Beziehung und Sex hat für jede*n eine andere Bedeutung. Am Ende kommen wir zur Frage: „Was ist/bedeutet Sex für dich?“

Wenn du diese Frage für dich beantworten kannst, dann weißt du auch was du eigentlich an deiner Beziehung „verbessern“ willst und vielleicht gehört Sex dazu, aber vielleicht auch nicht. Sorry an die Leser*innen die einfache Antworten gesucht haben und mehr Fragen gefunden haben. Aber vielleicht findest du noch mehr in dir und vielleicht brauchst du dafür Begleitung/Unterstützung durch eine dritte Person.

Eure Mariecris Siebers

Johanna Ginter

Klinische Psychologin, Sexualpädagogin und Sexualtherapeutin
mit Praxis in Wien
Johanna Ginter

Unterschiedliche sexuelle Vorlieben oder Vorstellungen kommen häufiger vor, als man denkt…

…auch bei sehr glücklichen Paaren. Das bedeutet noch lange nicht das Ende einer Beziehung. Zum Glück gibt es eine Vielzahl an Möglichkeiten, wie man Differenzen im Sexleben überbrücken kann.

Hilfreich ist auf jeden Fall, eine sexpositive Haltung sich selbst und anderen gegenüber zu entwickeln. Sexualität darf sich stetig wandeln, und Unterschieden darf mit Neugier á la „Tatsächlich, das würde dir gefallen? Erzähl mir mehr!” begegnet werden.

Dieses Beispiel zeigt auch schon, wie wichtig Kommunikation in der Beziehung ist. Auch wenn’s anfangs nicht immer leicht ist – Communication is key.

Im Kommunizieren über eigene Bedürfnisse darf man auch kreativ werden und den Raum der Möglichkeiten öffnen. „Ja, probieren wir das!” und „Nein, das ist nicht mein Ding” sind nur zwei Optionen. Dazwischen gibt es noch eine Bandbreite an Möglichkeiten von „Lass uns gemeinsam einen Porno schauen, wo xy praktiziert wird”, über „Wie wäre es, wenn ich qx mache? Das ist doch sehr ähnlich wie xy” bis hin zu „Wie wäre es, wenn wir unsere Beziehung ein Stück öffnen?”.

Carola Hoppe

Klinische Psychologin und Sexualtherapeutin
praktiziert in Leipzig
Hoppe & Rotzsch

Gleich zu Beginn – es gibt kein Patentrezept, aber es gibt einige kreative Lösungsansätze!

Fast nie ist man so verletzlich, wie in Momenten, in denen man sich einer anderen Person „nackt“ zeigt, wörtlich, wie im übertragenen Sinne.
Die eigenen sexuellen Wünsche zu äußern, fällt vielen schwer und wird häufig von diesem Gefühl der Verletzlichkeit begleitet. In der ersten Phase des Kennenlernens und Verliebens, trauen sich die Partner deshalb häufig nicht offen über ihre tatsächlichen sexuellen Vorlieben zu sprechen, aus Angst den anderen verschrecken zu können oder Ablehnung zu erfahren. Eine zeitlang wird die neue Beziehung als erfüllend erlebt, doch meist tauchen die gut gehüteten Sehnsüchte langsam wieder auf und drängen auf Erfüllung…

Ein weiteres Szenario gründet auf der Tatsache, dass wir Menschen Wesen sind, die sich vom Tag ihrer Geburt an verändern. Das liegt in unserer Natur. Wir  sammeln die unterschiedlichsten Erfahrungen im Kontakt mit unserer Umwelt und diese prägen später die Beziehungen zu den Menschen, die uns umgeben.
Doch ebenso, wie wir uns im Laufe unseres Lebens verändern, so verändern sich auch diese Beziehungen und die Wünsche, die wir an sie haben. Entgegen aller Hollywood-Fantasien, sind die meisten Paare in der Realität nicht Yin und Yang, welche sich wechselseitig symbiotisch ergänzen; sie sind immer noch zwei eigenständige Personen und diese entwickeln sich unterschiedlich, jeder  in seinem Tempo. Das führt häufig dazu, dass die sexuellen Vorlieben und individuellen Bedürfnisse in längeren Partnerschaften ein Stück weit auseinandergehen können.

In beiden Fällen stellt sich die Frage: Nun, was tun?
Wenn der Wunsch zur Veränderung auf beiden Seiten besteht – dann versucht offen zueinander und mutig zu sein, redet miteinander. In einer Paar- & Sexualtherapie zum Beispiel, könnt ihr in Dialog treten und so erfahren, was eure konkreten Wünsche und Bedürfnisse sind. Was macht euer ganz individuelles Beziehungs- und  Sexualprofil aus und wo gibt es mögliche Berührungspunkte? Wo stoßt ihr an Grenzen?
Dieser Prozess ermöglicht euch einen neuen gemeinsamen Raum für einander zu gestalten und herauszufinden, ob und inwieweit ihr die Differenz eurer sexuellen Vorlieben einbinden möchtet.

Ihr allein seid die Architekten, dem Therapeuten fällt dabei vielleicht die Rolle des Statikers zu.